Palmenstrand's Blog

so fern und doch so nah

Hanni und Nanni 15. Mai 2010

Filed under: Hey there — palmenstrand @ 10:42 am
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Schon als kleines Mädchen habe ich jedes Buch, das ich finden konnte, verschlungen. Meine Schwester habe ich in den Wahnsinn getrieben, weil ich auch vor ihren Regalen nicht halt machen konnte.
Angefangen habe ich mit den Jungmädchenbüchern einer Mutter. Pucki, Bummi, Bärbel, Dreimäderlhaus und wie sie alle hiessen.
Keine Ahnung, warum sie Enid Blyton vor mir versteckt hielt, meine Mutter wollte auf jeden Fall nicht, dass ich ihre Bücher las, was ich schliesslich mit dankenswerter Unterstützung der Pfarrbibliothek umgehen konnte.

Mit Enid Blyton tauchte ich in die Welt der Internate, lebenslanger Freundschaft und Schülerstreiche ein – ich liebte sie, nahm sie mir zum Vorbild und nichts schien mir erstrebenswerter, als auch in einem Internat zu leben.
Nachdem meine Eltern nicht bereit waren, mich ziehen zu lassen, sah ich mich gezwungen Internatsfeeling in meine Schule zu bringen.
Furzkissen und Stinkbomben gingen in meinen Besitz über und trieben vor allem meinen Musiklehrer schier in den Wahnsinn.
Einmal zerbrachen wir während seines Unterrichts gleich zwei Stinkbomben, eine vorne und eine hinten, so dass Klasse und Pädagoge innerhalb kürzester Zeit vom Gestank fauler Eier umhüllt wurden und schier daran erstickten.
Als Michael aus der Bank schräg vor mir auf dem run Weg aus dem Klassenzimmer über Christians Schultasche kotzte, wurde der Musiksaal geräumt und über mehrere Tage nicht mehr für den Unterricht zur Verfügung gestellt.
Alle Versuche des Kollegiums hinter die Identität des Übeltäters zu kommen, blieben glücklicher Weise erfolglos.

Wenige Wochen nach diesem Vorfall hatte ich, wie schon Hanni und Nanni vor mir, die glorreiche Idee, wir könnten einfach so tun, als würde es wieder stinken. Alle müssten sich die Nase zu halten, nach Luft fächeln, röcheln und so tun als wären sie dem Erstickungstod nahe – natürlich sollte wieder der ungeliebte Musiklehrer das Opfer sein.

Kaum hatte die Stunde begonnen, fingen die ersten an zu niessen, wedelten hysterisch mit den Händen, schauten hilfesuchend zum Fenster und husteten dramatisch.
Die andauernden Würgegeräusche brachten das Fass schliesslich zum Überlaufen.
Der Musiklehrer warf sein Lehrbuch mit einem Aufschrei zu Boden, stampfte mit den Füssen auf und brüllte, sich mit beiden Händen die Haare raufend:“JETZT REICHT ES MIR ABER, DAS LASSE ICH MIR NICHT GEFALLEN!!! IHR BLEIBT JETZT SO LANGE IN EUREM GESTANK SITZEN, BIS ICH DEN DIREKTOR GEHOLT HABE, DAS HABT IHR JETZT DAVON!!!!!“ – rannte aus dem Musikraum und knallte die Tür hinter sich ins Schloss.

Wir lagen auf dem Boden vor Lachen.

Als der gepeinigte Musikpädagoge wenig später mit dem Direktor und dessen Sekretärin im Schlepptau wieder auf der Bühne erschien, sassen wir mit grossen Augen brav in unseren Bänken.
Der Direktor lief durch die Reihen, schnupperte, fächelte, schnupperte nochmal, fächelte wieder, um dann schulterzuckend an unseren Lehrer gewandt zu sagen:“ich kann garnichts riechen, sind Sie sicher, dass das hier war?!?“

Die Stunde endete und mir kam es vor, als wäre ich nun für immer in den Kreis von Hanni, Nanni, Dolly und all den anderen aufgenommen.

Das war umso wichtiger, als aufgrund meiner Streiche fortan kaum ein Kind mehr mit mir spielen durfte,…