Mir ist aufgefallen, dass ich in den vergangenen Wochen häufig nostalgisiert (gibt es dieses Wort? Mir gefällt es jedenfalls gerade!) und verglichen habe, wie sich meine Kindheit und die meiner Kinder von einander unterscheiden.
Damit meine ich ausnahmsweise nicht den erzieherischen Part, den wir, so hoffe ich, auch etwas anders angehen, als das bei mir war, sondern das aussen herum.
Als ich ein kleines Mädchen war, gab es noch Bäcker. Das Brotangebot im Supermarkt erstreckte sich vom Toast- über das Knäckebrot, es gab Pumpernickel und eine sehr kleine Anzahl an anderen abgepackten Brotsorten.
Brot wurde beim Bäcker gekauft und wo Bäcker draufstand war auch einer drin.
Ich kannte die persönlich, sie kamen während des Einkaufs immer mal wieder bemehlt mit weissem Hütchen auf dem Kopf aus der Backstube.
Letzte Woche kam eine Bekannte zu Besuch und brachte eine Tüte Brezeln und Brötchen mit. Sie schwenkte die Tüte und jubilierte, sie habe einen Bäcker gefunden, der noch selbst backt!!! Ist es nicht eigentlich völlig unfassbar, dass man sich darüber freut, dass man einen ECHTEN Bäcker gefunden hat? Ich finde das total schräg!
Echt jetzt mal – man kann (selbst in Bio – Qualität) von überall auf der Welt Lebensmittel kaufen – das hat Vor- aber natürlich auch Nachteile, wenn man darauf achtet, woher man seine Lebensmittel bezieht, hat es in meinen Augen überwiegend Vorteile, aber das spielt eigentlich keine Rolle.
Ein Teil dieser Entwicklung heute zeichnet allerdings dafür verantwortlich, dass es sich kaum noch lohnt, als Bäcker in einer Backstube tätig zu sein und das finde ich (nicht nur für die Bäcker selbst natürlich und die Qualität der Backwaren) zum Kotzen, sondern für die Kinder!
Ich finde es so schade, dass die Kinder selbst beim Biobäcker nur die nette Frau an der Theke sehen und kennenlernen und nicht mehr das Gefühl von Backhandwerk, einen Eindruck von der Arbeit, die dafür getan wird, etc. mitbekommen.
Das gleiche beim Metzger. Die Tage habe ich eine Kochsendung im Fernsehen gesehen. Der Koch ging in einen grossen Supermarkt an die Fleischtheke und bestellte Hackfleisch. Die Frau hinter dem Tresen sagte ihm, dass er das Hackfleisch dort vorne bereits fertig verpackt im Kühlregal fände.
Das alleine finde ich schon so aarrrrrrrrrrghhhh.
Mir fehlen die Worte, aber es beschleicht mich dabei ein ungutes Gefühl.
Der Koch hat die Frau dann Gott sei Dank gebeten, ob sie ihm das Hackfleisch auch frisch durchlassen könnte, was sie dann auch getan hat – trotzdem!! Das verkommt zu Ware, Ware im Regal, abgepackt, verschweisst im Einheitsregal.
Was dahinter steckt, vielleicht meine ich damit auch eine Form von Respekt gegenüber dem Produkt, geht dadurch komplett verloren.
Ich bin früher mit einem Stoffbeutel zu unserem Metzger um die Ecke geschlendert, der hat selbst geschlachtet und kannte die Kuh mit Namen.
Dazu muss ich sagen, dass wir nicht auf dem Dorf gewohnt haben – sondern in einer Stadt mit fast einer halben Millionen Einwohner.
Man kam in die Metzgerei und war umgeben vom frischen und appetitlichen Geruch der Wurst und des Fleischs, der Metzger hat Kochtips gegeben, den Kindern ein Wienerle in die Hand gedrückt, dass unsere Eltern uns mit gutem Gewissen essen lassen konnten, und dann sind wir, nicht ohne noch Grüsse für den Rest der Familie in Empfang zu nehmen, wieder nach Hause gegangen.
Gestern abend habe ich auf Youtube nach kleinen Filmsequenzen von den Muppets gesucht und bin über die erste deutschsprachige Muppetshow – Folge mit Peter Alexander gestossen. Ich war so ergriffen, das war so ganz klassisches Fernsehen der damaligen Zeit.
Irgendwie langsamer, ein bisschen rührselig, ein bisschen albern, aber gutes, altes, harmloses Fernsehen. Ich habe die Muppets als Kind geliebt – meine Mutter mochte es nicht, wenn wir Fernseh schauten – sonntags war aber der Ausruhtag meines Papas und der brauchte zum Ausruhen häufig den Fernseher und dann schauten wir alle zusammen Muppets, oder Raumschiff Enterprise, oder rauchende Colts, oder Daktari oder Dick und Doof oder so.
Es gab damals nur drei Sender, amerikanisches Serienhighlight waren Denver, Dallas und Falcon Crest – Fernsehen war persé ein Highlight und nicht so „dazugehörig“ wie heute, bilde ich mir ein.
Und natürlich fröhne ich persönlich jetzt als Erwachsene ab und an dem Couchpotatotum und sauge dabei Greys, und wie sie alle heissen, in mich auf – aber wenn es um das Angebot für Kinder geht, also im Vergleich zu den Sendungen, die heute für die Kleinen angeboten werden, finde ich die alten Sachen viel viel schöner, liebevoller und sorgfältiger gestaltet.
(damit meine ich zum Beispiel: Das feuerrote Spielmobil, Rappelkiste, die Muppets, Uhlenbusch, die alten tschechischen Märchenproduktionen und selbst die Sesamstrasse fand ich früher irgendwie netter (Muppetslastiger, kann das sein??)).
Um beim Fernsehen zu bleiben; was habe ich diese Samstagabende genossen, an denen die ganze Familie zusammenkam, der Couchtisch voller Schnittchen stand, Papa das obligatorische Bierchen bekam und wir frisch geduscht im Bademantel noch ein bisschen „Einer wird gewinnen“, „Dallidalli“ oder „Der grosse Preis“ schauen durften.
Ein bisschen ähnlich finde ich, ist es mit der Musik. Jetzt bin ich natürlich ein besonderer Fan älterer Musik (Elvis, Monkeys, Beatles, Stones, Eric Clapton, Dean Martin, Frank Sinatra, Shirley Bassey, Bing Crosby, Barbra Streisand, Joan Baez, Cat Stevens, Bob Dylan, Led Zeppelin, Deep Purple,…), aber ich bin auch davon überzeugt, dass es diese ist, die einen ganz besonderen Wert hat, die die Jahrzehnte weiter überleben und immer wieder als beispielhaft herangezogen werden wird. Nicht nur wegen der Songs sondern sicherlich auch wegen des Zeitgeistes – ich bezweifle, dass in 50 Jahren von Lady Gaga gesprochen werden wird – nichts gegen Lady Gaga, aber Sie verstehen schon?!?
Ich sehe mich, bzw. uns als Eltern natürlich vor allem in der Pflicht, unseren Kindern Qualität zu bieten, dazu gehört für uns ein intensiver Umgang mit der Natur – wir haben einen Garten, ziehen unser eigenes Gemüse, Obst und Salat, gehen bei jedem Wetter raus und viel in den Wald und bemühen uns durch die Bücher, Spiele & Unternehmungen, die wir den Kindern anbieten, Werte zu vermitteln, die uns wichtig erscheinen
(ok, jetzt verfranse ich mich, irgendwie komme ich nicht dahin, wo ich hin möchte)
aber das Langsame, das Unbeschwerte, Unschuldige, diese scheinbar heile Welt, die ich als Kind erleben durfte, selbst ohne gänzlich von den Medien ferngehalten zu werden, so ganz besondere, dauerhafte, ein Leben lang begleitende Impressionen – ich finde es nicht zuletzt aufgrund vieler heutiger Gegebenheiten (platt: der Schnelllebigkeit) sehr sehr schwer, das auch an meine Kinder weiterzugeben.
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